Chancen, Möglichkeiten und Risiken der innerörtlichen Bebauung

Bei der Diskussionsveranstaltung am 15.1.2015 im Tempelchen in Krofdorf habe ich mir einige Notizen gemacht die ich hier zur Verfügung stelle. Ich möchte darauf hinweisen, das dieser Text keine rechtliche Grundlage hat und das sie aus dem hier geschriebenen keinen Rechtsanspruch ableiten können. Sie können aber gerne die Gelegenheit nutzen und Fragen, Anregungen oder andere Meinungen mit mir, meinen Kolleginnen und Kollegen aus der Fraktion oder der Gemeindevertretung zu diskutieren.

Jürgen Quurck

 

Ein Bebauungsplan durchläuft folgende Phasen

  1. Aufstellung (z.B. für ein neues Bau- oder Gewerbegebiet oder ein noch nicht beplantes Gebiet (Falkenberg))
  2. Änderung
  3. Aufhebung

Vorhabensbezogener Bebauungsplan, z.B. Planung Pflegeheim in Krofdorf.
Kosten für den Bebauungsplan können an Bauherren weitergegeben werden. Der Antrag ist eine Willensbekundung, die Gemeinde kann aber überprüfen, ob der Antragsteller in der Lage ist, das Bauvorhaben umzusetzen: z.B. kann sie ein Finanzierungskonzept verlangen.

Zur Umsetzung kann die Gemeinde das Projekt mit einem Städtebaulichen Vertrag begleiten. So kann sie als Gegenleistung die Finanzierung von Kita-Plätzen verlangen oder dass eine Grünanlage öffentlich zugänglich ist. Näheres findet sich hier: http://planungspraxis.bund-wiki.de/index.php?title=Städtebauliche_Vertrag

 

Rechte und Pflichten der Gemeinde

  • Voraussetzungen für einen Bebauungsplan:
    Im Bebauungsplan regelt die Gemeinde, wie in dem Gebiet gebaut werden soll. Sie kann hier eine lockere oder dichtere Bebauung vorschreiben. Da diese Begriffe relativ sind (und jeder darunter etwas anderes verstehen kann) werden die weiter unter näher beschrieben Kennzahlen zur Beschreibung verwendet. Ferner kann sie dort festschreiben, wie die äußere Form der Häuser sein soll, wie weit die Häuser von der Straße entfernt sein sollen, ob die Dachfirste für die Nutzung von Solarenergie optimiert ausgerichtet werden können usw.
  • Sie kann nicht in den Bebauungsplan schreiben, wir wollen keine fünfgeschossigen Mehrfamilienhäuser.

Wie kann die Gemeinde ihre Vorstellungen festschreiben?

Allgemeines Kriterium Bedeutung/Wirkung
GRZ Grundflächenzahl: Bebaute Fläche durch Grundstücksfläche Je größer die Zahl umso mehr Grundfläche darf das Gebäude haben in Bezug auf die Grundfläche des Grundstücks haben;

Normal sind 0,2 bis 0,3; d.h. 20% bzw. 30% der Grundfläche kann überbaut werden.

GFZ Geschossflächenzahl Summe der Fläche aller Geschosse durch Grundstücksfläche Je größer die Zahl, umso höher kann das Gebäude werden;
BMZ Baumassenzahl Volumen des Gebäudes durch Grundstücksfläche (Auf dem Bau spricht man von Massen statt von Volumen) Je größer die Zahl, umso massiver ist ein Gebäude, wird oft nur in Gewerbegebieten festgelegt.
Mindestgröße eines Grundstücks Zusammen mit der GRZ und GFZ kann die Bebauungsdichte beeinflusst werden. Reduziert die Teilung von Grundstücken.
Anzahl Vollgeschosse Begrenzt die Höhe eines Gebäudes
Absolute Höhe eines Gebäudes Da die Höhe eines Geschosses nicht festgelegt ist, kann damit die absolute Höhe eines Gebäudes festgelegt werden.

Mehr Infos unter: http://de.wikipedia.org/wiki/Maß_der_baulichen_Nutzung

  • Ferner kann die Gemeinde ganz konkrete Vorschriften machen: Ob das/die Gebäude direkt am Bürgersteig stehen oder einen bestimmten Abstand halten müssen, wie die Dachfläche gestaltet sein muss (In Wettenberg in der Regel nicht reflektierend, oftmals ist die Farbwahl eingeschränkt)
  • Die Gemeinde kann nicht jede Fläche zu einem Baugebiet machen. Sie hat dabei vielfältige Vorschriften und Gesetzte zu beachten.

 

Grenzen der Bauplanung für Bürger

  • Jeder Antragsteller hat das Recht auf eine Baugenehmigung, wenn der Bauantrag den Vorschriften entspricht. Der Bauantrag wird bei uns dem Kreis vorgelegt. Weder der Bürgermeister noch das Bauamt müssen darüber informiert werden. Der Bürgermeister genehmigt keinen Bauantrag.
  • Es gibt kein Recht auf Bauplanung. Ich kann die Gemeinde nicht zwingen, aus meinem Gartengrundstück ein Baugebiet zu machen.
  • Aus dem Baurecht lässt sich kein Recht auf eine freie Sicht ableiten. Wenn der Nachbar oder die Nachbarin den Abstand, die GRZ und die GFZ und die weiteren Vorgaben des Bebauungsplanes einhält oder sich der Bau gem. § 34 BauGB in die nähere Umgebung einfügt, muss die Baugenehmigung erteilt werden.
  • Mitwirkung: Bei der Aufstellung eines Bebauungsplanes werden die Bürger im Rahmen der Abwägung der Träger öffentlicher Belange beteiligt.
    In Wettenberg gibt es in der Regel eine frühzeitige Beteiligung in Form einer öffentlichen Veranstaltung in der das Vorhaben vorgestellt wird. In der Regel stellt der Gemeindevorstand einen Antrag auf Aufstellung eines Bebauungsplanes. Diese wird im Bauausschuss detailliert besprochen (auch mehrfach) und dann offengelegt. Bei dieser 1. Offenlegung hat der Bürger die Möglichkeit, seine Einwände, Fragen oder Anmerkungen schriftlich dort zu Papier zu bringen. Der Entwurf des Bebauungsplanes wird an weitere Institutionen und in Zusammenhang mit der erforderlichen Genehmigung weiteren Verbänden vorgelegt. Darunter sind z.B. Regierungspräsidium, Telekom (Telefon- und Internetkabel, Stadtwerke (Stromleitungen), Deutsche Bundesbahn usw., aber auch BUND, NABU…) Alle Antworten werden vom Planer zusammengestellt und abgewogen. d.h. ob aus seiner Sicht die Einwände berechtigt sind, ob ihnen Entsprochen werden kann (muss), ob es Alternativen gibt. Danach werden die Vorschläge im Bauausschuss erörtert und vom Planer oder der Planerin in dem Plan berücksichtigt. Danach erfolgt die Abstimmung darüber in der Gemeindevertretung und es erfolgt eine zweite Offenlegung. Auch bei dieser zweiten Offenlegung kann jeder Bürger/Bürgerin ihre Bedenken kundtun. Die letztendliche Entscheidung liegt bei der Gemeindevertretung.
  • Wer nicht mit dem Bebauungsplan einverstanden ist, kann dagegen klagen (Allerdings innerhalb einer Frist). Bei einer sogenannten Normenkontrollverfahren wird der Bebauungsplan auf rechtliche Fehler geprüft, allerdings ist es hierbei oft wie auf hoher See: Man und Frau sind in Gottes Hand.

 

Alte Bebauungspläne

  • In den alten Plänen war die Regelungsdichte deutlich geringer. Die Ansprüche waren ähnlich: Ein Einfamilienhaus und ein großer Garten. Aus diesem Gründen wurden die GRZ und GFZ selten ausgenutzt. Dies ermöglicht es nun, diese Häuser abzureißen und deutlich größere Häuser zu bauen und so den Ertrag je qm zu steigern. (Allerdings sind die Baukosten je qm heute deutlich höher als 1960)

Weitere Fragen

  • Instandhaltungspflicht: Die Gemeinde kann niemanden zwingen, sein Gebäude in Schuss zu halten. Anders herum hat jeder das (Grund)Recht, mit seinem Eigentum tun und lassen zu können was er will. Wenn es ganz schlimm kommt, wird ein Zaun drum herum gemacht um vorübergehende Passanten zu schützen. Erst bei Einsturzgefahr kann ein Abriss verfügt werden (Wie langwierig das ist, sieht man (nicht) mehr am ehemaligen Samen Hahngebäude in Gießen.
  • Ausnahmen werden im § 31 Ausnahmen und Befreiungen geregelt. Sie sind möglich wenn es das Wohl der Allgemeinheit erfordert, die Abweichung vertretbar oder wenn es zu einer nicht beabsichtigten Härte führen würde.
  • Ausgleich bei innerörtlicher Bebauung: Bei innerörtlicher Bebauung gilt der Ausgleich bereits als erfolgt. Unter Umständen kann aber in einem städtebaulichen Vertrag ein Ausgleich festgelegt werden.

 

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